Achtsame Fotografie

In der Fotografie ist der Begriff „Achtsamkeit“ noch Neuland. In der Pädagogik bereits etabliert und über diesen Weg bin ich auf den Begriff der „achtsamen Fotografie“ gekommen. Lange habe ich nach einem Begriff für die Art wie ich fotografiere gesucht, dabei war dieser im Kindergarten meiner Kinder längst präsent. Nun aber haben wir zusammen gefunden und ich möchte hier kurz erläutern, was ich unter „achtsame Fotografie“ verstehe.

Mein Verständnis von achtsamer Fotografie hat drei Aspekte, den Menschen, die Organisation und die genutzte Technik. Man kann die drei Aspekte wie die Seiten eines Dreiecks verstehen. Jeder Aspekt ist mit jedem verbunden und wirkt auf diesen ein. Nur wenn alle ihre Be-Achtung finden, entsteht Achtsamkeit.

Ich möchte mit der komplexesten – und wichtigsten – Seite unseres Dreiecks starten: den Menschen. Dieser Teil ist auch am schwierigsten in Worte zu fassen oder sich in einer Schulung anzueignen. Wer sich in die achtsame Pädagogik eingearbeitet hat, weiß wovon ich spreche. Es ist die Art, wie ich auf Personen zu gehe, wie ich die anderen Personen einbinde – bei einem Event z.B. dass ich die Zuhörer gerade nicht störe, in dem ich direkt vor der Bühne stehe und ein wildes Blitzlichtgewitter vom Zaun breche. Viel eher nutze ich freie Plätze um mich zu setzen, die Gestik der Person auf der Bühne auf zu nehmen und dann im richtigen Moment mein Bild zu machen. Gerne verwende ich auch längere Brennweiten um vom Rand die Bilder zu machen. Dabei bin ich jedes mal froh, dass ich keinen eingebauten Blitz habe, den ich auch noch mit rumschleppen muss 🙂
Wie wichtig es ist, bei Kinderbildern auf gleiche Augenhöhe mit den Kindern zu gehen und zuerst in ihr Spiel „einzutauchen“, so dass man als Fotograf kein „Fremdkörper“ mehr ist, sondern Teil des Spiels, wissen viele, die diese Art der Fotografie praktizieren.
Um Achtsam zu sein, muss ich meine ganze Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren und alles andere ausblenden. Meine Haltung in der Situation ist gekennzeichnet durch Neugierde, Offenheit und Akzeptanz.

Kommen wir zum nächsten Aspekt unseres Dreiecks: der Organisation. Hier versuche ich stets, den Kunden (beim TfP wäre das dann das Modell) mit ein zu beziehen. Sei es bei der Vorbereitung oder der Nachbereitung – sprich Bildauswahl etc. Das Kostet natürlich Zeit, die ich mir aber gerne nehme. Dabei ist die gleichgewichtete Zeitdreiteilung ein guter Annäherungswert – also bei 1 Std. Shooting auch jeweils 1 Std. zur Vorbesprechung und 1 Std. zur Nachbesprechung zu kalkulieren.

Bei der letzten, noch fehlenden Seite unseres Dreiecks, geht es um die Technik. Unter dem technischen Aspekt, verstehe ich achtsame Fotografie als den schonenden Umgang mit dem Material, sei es die Kamera, die Objektive oder das Verbrauchsmaterial wie z.B. den Hintergrundkarton. Wenn ich etwas tiefer gehe, dann die bewusste Wahl der Kameraeinstellung, ob es also in der Situation angebracht ist im High-Speed-Modus zehn Bilder/Sek. zu machen, oder lieber den Silent-Modus (auch den gibt es) zu verwenden. Auch welche Automatik ich verwende, hat etwas mit Achtsamkeit zu tun – momentan liebe ich es, auf Events in den manuellen Modus zu schalten und den verbleibenden Rest der ISO-Automatik zu überlassen. Dabei ziehe ich ISO 3.200 jedem Blitz vor und schrecke auch nicht vor ISO 12.800 zurück – erst darüber bekomme ich Gänsehaut 😉

Das ist in groben Zügen mein Modell, so zu sagen das „achtsame Dreieck“. Wenn man mich nach der Aufteilung hinsichtlich Wichtigkeit fragen würde, so würde ich sagen 80:10:10 bezogen auf Mensch:Organisation:Technik. Aber kein Teil kann ohne den anderen, jeder ist mit jedem Verbunden – genauso wie bei einem Dreieck und wie bei einem MOTor läuft dieser nur dann rund, wenn alle Teile zusammenwirken!

Da ich mir Eingangs auferlegt habe, mich kurz zu fassen, möchte ich es hiermit belassen und mit einem Bild abschließen:
Achtsame Fotografie